Sakkadische Suppression

Optische Täuschungen & Sehphänomene von Michael Bach

icon

Was sehen wir hier?

Rechts sieht man meine Augen während ich Sakkaden durchführe. Sakkaden sind rasche Blickbewegungen, hier schaue ich im Spiegel zwischen meinen beiden Augen hin und her –  sieht man sehr deutlich, nicht wahr?

Was können Sie machen?

Nun propieren Sie das auch: nahe vor einen Spiegel stellen (Nase berührt fast den Spiegel), und zwischen den Augen hin- und her schauen. Sehen Sie die Bewegungen Ihrer Augen? Ich wette dass Sie die nicht sehen! Aber jede andere Person, die Ihnen über die Schulter schaut, sieht das.

Man kann aber doch seine Augenbewegungen sehen, mit einem “selfie”: Viele Smartphones haben heute eine Frontkamera. Also: Kamera aktivieren, auf Front schalten (die Knöpfe sehen so ähnlich aus wie hier rechts) und das Bild ansehen. Nahe dran gehen (<10 cm), etwas kippen, damit die Augen zentriert sind. Nun zwischen den Augen hin- und herschauen – jetzt sehen Sie die Sakkaden!

[Alternativ zum Smartphone geht auch gut ein Rechner mit eingebauter Kamera (wie für Videotelefonie benutzt): Das eigene Bild groß darstellen (auf Macs mit “Photo Booth”), nahe dran gehen, und Sakkaden machen.]

Wie funktioniert das?

Interessant ist hier, dass wir normalerweise unsere eigenen Sakkaden nicht sehen. Das wird mit der sog. “sakkadischen Suppression” erreicht, die die visuelle Wahrnehmung während Sakkaden unterdrückt. Das ist auch sinnvoll, sonst sähen wir laufend störende Bildverschmierung, wir machen typischerweise 3 Sakkaden jede Sekunde. Die Dauer der sakkadischen Suppression hängt von der Größe der Sakkade ab, sie liegt bei ≈ 50 ms. Im Video wird das Bild etwas verzögert, so dass die Bewegung auf dem Bildschirm erscheint, wenn die Suppression vorbei ist, und damit sichtbar wird.

Als ich dieses Phänomen hier erstmals einstellte (2012), funktionierte das mit Smartphones sehr gut. Inzwischen (2020) sind eine Reihe von Modellen so schnell geworden, dass die Verzögerung zu kurz ist, und die Bewegung noch weitgehend in den Zeitbereich der Suppression fällt. Was man da machen kann: einen kurzen Film von sich selbst im Spiegel aufnehmen, während man zwischen den Augen hin und herschaut.

Literatur

Wikipedia: Saccadic Masking

Idrees S, Baumann MP, Franke F, et al (2020) Perceptual saccadic suppression starts in the retina. Nature Communications 11:1977

Weitere Informationen auf Englisch    |    ↖︎ Alle Sehphänomene