Stroboskopische Artefakte

Optische Täuschungen & Sehphänomene von Michael Bach

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Was zu tun ist

Das Farbrad rechts dreht sich zunächst langsam. Mit dem oberen Stepper können Sie die Verzögerung zwischen den Aktualisierungen ändern (in Frames, voreingestellt auf ein Frame, typischerweise bei 60 Hz). Mit dem unteren Stepper können Sie die Schrittweite des Drehwinkels einstellen, voreingestellt auf 5°.

Was zu beobachten ist

Interessante Dinge zeigen sich bei ∆=60°, und noch deutlicher bei 120°: Dort erscheint die Scheibe fast grau, weil jeder Sektor schnell zwischen den drei Farben wechselt (deren Mischung mit den voreingestellten Farben ein Grau ergibt). Geht man 5° schneller, dreht sich ein farbiger “Propeller” nach rechts, geht man 5° weiter, dreht sich dieser Propeller rückwärts. Um ∆=360° scheint die Scheibe wieder stillzustehen, denn eine volle Umdrehung dazwischen ändert nichts.

Verlangsamt man die Zeitskala, indem man die Bildverzögerung erhöht (z. B. auf 20), wird deutlicher, was passiert.

Kommentar

Bewegungsdemonstrationen auf einem Computerbildschirm, vor allem wenn es sich um schnelle Bewegungen handelt, leiden unter stroboskopischen Artefakten, technischer Begriff “temporal aliasing”. Also beschloss ich, aus einem Ärgernis ein Lehrstück zu machen – mein ursprüngliches Ziel war es, die additive Farbmischung zu demonstrieren, das klappte nicht besonders gut…

Die Scheibe dreht sich nicht gleichmäßig (auch wenn es so aussehen mag), sondern wird in schnell aufeinanderfolgenden Standbildern mit jeweils unterschiedlichem Drehwinkel dargestellt. Dies erzeugt die Wahrnehmung einer gleichmäßigen Bewegung (innerhalb bestimmter Grenzen), das “Phi-Phänomen” von Wertheimer. Die aktuelle Demo ist mit einer Bildwechselfrequenz von 120 Hz und zunächst einem Winkelschritt ∆ von 7° alle 20 ms eingerichtet. Hier in Ihrem Browser kommt aber noch ein anderer Aspekt ins Spiel: die Bildwiederholrate Ihres Displays. Viele LCD-Bildschirme haben eine Bildwiederholfrequenz von 60 Hz, bei Röhrenbildschirmen gibt es Raten von 60 bis 200 Hz. Was Sie genau sehen, hängt also vom Zusammenspiel der beiden Bildwiederholraten und der Winkelzunahme ab, und die Zwischeneffekte sind nicht unbedingt schön ;-). Unter bestimmten Bedingungen sieht man eine langsame Rückwärtsdrehung. Dies ist bekannt als der “Wagenrad-Effekt”.

Quellen

Bach M, Meigen T, Strasburger H (1997) Raster-scan cathode ray tubes for vision research – limits of resolution in space, time and intensity, and some solutions. Spatial Vision 10:403–414

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